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  30.04.2004

Diabetesprävention als gemeinsamer Kraftakt

Obwohl für die Therapie des Typ-2-Diabetes mittlerweile ein Großaufgebot an Interventionsmöglichkeiten zur Verfügung steht, gelingen zufrieden stellende Blutzuckerkontrolle und Vermeidung der Komplikationen nur selten. Auch finden sich „Spätschäden“ oft bereits bei der Diagnosestellung. Umso mehr Bedeutung kommt heute der Vorbeugung zu. Prädiabetes ist im Rahmen eines Screenings leicht zu erfassen, die erfolgreiche Umsetzung der Präventionsmaßnahmen gestaltet sich jedoch oft schwierig.

Suche gemäß bestimmter Kriterien

In den letzten Jahrzehnten wurden Studien initiiert, die den Benefit von Prävention und Verzögerung des Typ-2-Diabetes unter die Lupe nahmen. Bekannt gewordene Untersuchungen wie das Diabetes Prevention Program belegen als Folge von Lebensstiländerungen eine relative Risikoreduktion in Bezug auf Diabetesneuerkrankungen im Bereich von 60%. Die Werte aller Teilnehmer an diesen Studien befanden sich bereits im pathologischen Bereich (gestörte Glukosetoleranz, BMI>30kg/m2 etc.).

Potenzielle Kandidaten für ein Screening auf Prädiabetes sind Männer und Frauen im Alter von 45 Jahren und älter, besonders wenn ihr BMI 25kg/m2 oder mehr beträgt. Jüngere Personen mit einem solchen BMI und zusätzlichen Risikofaktoren (Tab.) sollten ebenfalls berück-sichtigt werden. Bei Bestehen einer Normoglykämie ist nach einem Intervall von drei Jahren wieder eine Kontrolle indiziert.

Die Tauglichkeit des HbA1c als Parameter für die künftige Entwicklung eines Diabetes Typ 2 wurde in Studien nicht evaluiert. Dagegen haben sich sowohl Nüchternglukose als auch der Zweistundentest in vergleichbarem Ausmaß bewährt. Nicht selten wird beim Screening ein bereits manifester Diabetes entdeckt. Positive Befunde sollen an einem anderen Tag noch einmal nachgeprüft werden.

Lebensstiländerung – effektiv, aber mühsam

Das Vorliegen eines erhöhten Nüchternglukosewerts oder einer gestörten Glukosetoleranz soll den Empfehlungen der ADA gemäß zu einer Beratung hinsichtlich Gewichtskontrolle und vermehrter sportlicher Aktivität Anlass geben. Für den Erfolg der Maßnahmen ist essenziell, dass der Patient mit seinen Bemühungen nicht sich selbst überlassen wird, sondern unter laufender Betreuung steht. Die Gefahr der Entwicklung eines manifesten Diabetes erfordert Kontrollen im Abstand von ein bis zwei Jahren. Besonderes Augenmerk empfiehlt sich bei diesen Patienten bezüglich zusätzlicher kardiovaskulärer Risikofaktoren wie Nikotinabusus, Dyslipidämie und Hypertonie.

Wie Studien gezeigt haben, kommt bei der Diabetesprävention der Lebensstilmodifikation primär größere Bedeutung zu als der pharmakologischen Therapie. Ein mäßiger Gewichtsverlust von 5–10% und sportliche Aktivität in einem Ausmaß von 30 Minuten/Tag sind nachgewiesenermaßen ausreichend, um das Diabetesrisiko entscheidend zu verringern.

Nicht übersehen werden darf trotzdem, dass diese Verhaltensänderungen meistens nur mit erheblichem Einsatz – auch vonseiten des Betreuungsteams – zu erreichen sind. Selbst wenn der Patient auf mehreren Ebenen gecoacht wird (Ernährungsberatung, individuell zugeschnittenes Sportprogramm), gelingt eine Lebensstiländerung nur in einem Teil der Fälle. In einer Studie schafften es lediglich 43% der Teilnehmer, das vorgegebene Gewichtsziel zu erreichen, und magere 36% steigerten ihre sportlichen Aktivitäten. Auch waren die Effekte nicht immer von anhaltender Dauer, sodass trotz der Weiterführung intensiver Anstrengungen später wieder eine Gewichtszunahme eintrat. Die Art der Reduktionsstrategie spielt für die Erfolgsraten keine Rolle. Andererseits ist es natürlich auch möglich, dass Patienten ohne Interventionsprogramm ihren Lebensstil nachhaltig verändern.

Pharmakologische Aspekte

Eine medikamentöse Therapie kam bei drei Diabetespräventions-Studien zum Einsatz. In allen Fällen ließen sich signifikante Verringerungen der Diabetesinzidenz nachweisen (um 31% durch Metformin im Diabetes Prevention Program, um 32% durch Acarbose in der STOP-NIDDM-Studie und um 56% durch Troglitazon in der TRIPOD-Studie). Die Benefits von Metformin traten eher bei jüngeren und übergewichtigeren Patienten zutage als bei älteren und weniger adipösen. Bei Personen im Alter von 24–44 Jahren oder mit einem BMI>=35kg/m2 war die Substanz ebenso effektiv wie Lebensstilmodifikationen, ab einem Alter von 60 Jahren bzw. einem BMI unter 30kg/m2 ließ sich dagegen fast keine Wirksamkeit feststellen.

Ob weitere Substanzen in denselben Stoffklassen oder andere Antidiabetika die Diabetesmanifestation hinauszögern können, wird derzeit untersucht. Nebenwirkungen müssen besonders im Hinblick darauf beachtet werden, dass nur präventiv behandelt wird. Daten, die auf eine einschlägige Wirksamkeit von ACE-Hemmern in diesem Zusammenhang hindeuten, müssen erst durch weitere Studien bestätigt werden, bevor eine entsprechende Empfehlung erfolgen kann.

Autor:
Dr. Felicitas Fahrngruber

Quellangaben:
Diabetes Care 2004; 27, Supplement 1: S47-S54

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